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Ambulante Palliativversorgung

„Ein Palliativteam? Ich habe nicht vor, jetzt schon zu sterben!“.Dies ist eine häufige Reaktion, wenn ich Patient*innen mit einer fortgeschrittenen Krebserkrankung frage, ob sie schon ein Palliativteam haben, das sie zuhause unterstützt. „Ich möchte auch noch nicht sterben“, antworte ich dann, „aber ich möchte mein Palliativteam nicht mehr missen“.

Um ehrlich zu sein, war meine Reaktion auch verhalten, als mir im Krankenhaus empfohlen wurde, mir ein ambulantes Palliativteam zu suchen. Nach einer lebensbedrohlichen Phase meiner Krankheit, ausgelöst durch einen Krankheitsprogress in der Lunge, war mir jedoch klar, dass ich nach dem Krankenhausaufenthalt zuhause Unterstützung brauchen würde. Es ging weniger um rein pflegerische Aspekte als vielmehr um die Bewältigung der Krankheit in dieser neuen Phase, in der mein Lebensende erstmals bedrohlich nah schien. Es ging aber auch darum, nach dem langen Krankenhausaufenthalt wieder auf die Beine zu kommen und mich mit der Sauerstoffversorgung zu arrangieren. Nebenwirkungen meiner Kombinations-Chemotherapie machten mir zusätzlich zu schaffen.

Das „Rundum-Sorglos-Paket“

Sechs Wochen Krankenhaus, Operation an der Lunge, permanente Sauerstoffversorgung und Chemotherapie mit anfangs erheblichen Nebenwirkungen – nie hätte ich gedacht, dass ich aus diesem Loch wieder herausfinden würde. Ich fühlte mich hilflos und verloren. Gab es überhaupt jemanden, der wirklich nachempfinden konnte, wie es mir ging? Jemand, mit dem ich über alles reden konnte? Auch über meine tiefsten Ängste? Über mein Ende?
Bereits am Tag nach der Entlassung aus der Klinik stellte sich das ambulante Palliativteam bei mir zuhause vor. Was sie mir erzählten, klang wie ein „Rundum-Sorglos-Paket“: Sie haben Beschwerden, leiden unter Schmerzen, Durchfall, Übelkeit, Hautausschlägen, Luftnot oder Schlaflosigkeit? Kein Problem, unsere Palliativmediziner schauen nach Ihnen. Wann immer Sie sie brauchen. Sie haben Fieber? Und das auch noch am Wochenende? Kein Problem. Wir schauen nach Ihnen, und dann entscheiden wir gemeinsam, ob Sie ins Krankenhaus gehen sollten. Ihre Ängste plagen Sie oder Ihre Familie? Besteht Redebedarf? Unsere Psychoonkologin kommt gerne und spricht mit Ihnen und/oder Ihren Angehörigen. Ach, Ihre Beine sind noch schwach von der langen Liegezeit? Dann könnte unsere Physiotherapeutin kommen und Ihnen auf die Beine helfen. Sie brauchen Medikamente? Wir organisieren das, sie werden geliefert.
Ich traute meinen Ohren nicht. Echt jetzt? Ich kann Sie immer anrufen? Wer sich im Verlauf seiner Krankengeschichte schon mal ähnlich hilflos und überfordert gefühlt hat, kann vielleicht nachempfinden, wie geborgen und aufgefangen ich mich plötzlich fühlte. Und nein, es waren keine leeren Versprechungen. Das Team war immer für mich da. Auffangen und Symptomlinderung ist das, was diese Teams tagein, tagaus leisten. Dementsprechend groß ist auch ihr Erfahrungsschatz. Der ist einfach unbezahlbar.

Das Leben danach

„Wir glauben, Sie brauchen uns im Moment nicht mehr“, sagte die Palliativärztin. Wie bitte? Wie könnte ich ohne Sie klarkommen? Es dauerte einen Moment, bis ich mich sammeln konnte. Ja, ich war tatsächlich wieder auf den Beinen. Die Chemotherapie zeigte Wirkung, die Sauerstoffversorgung konnte ausgesetzt werden und meine Beine waren stark genug, mich wieder zu tragen. Sollte es tatsächlich eine Zeit danach, eine Zeit ohne Palliativteam geben? „Aber… Wenn etwas ist….“ – „Sie können sich selbstverständlich jederzeit melden, dann kommen wir wieder“. Gesagt, getan. Meine Krankheit war ein Jahr lang stabil, bis mich eine Covid-Infektion wieder in eine lebensbedrohliche Situation katapultierte, ein langer Krankenhausaufenthalt war die Folge. Dieses Mal hatte ich keine Angst, nach Hause zu gehen. Denn ich wusste, dass mein Team wieder kommen und mich unterstützen würde.
Könnte ich heute die Zeit zurückdrehen, würde ich mich früher um ein entsprechendes Team kümmern und nicht warten, bis der Ernstfall eintritt. So hätte ich auch während meines ersten langen Krankenhausaufenthaltes gelassener auf das „Danach“ blicken können. Heute empfehle ich Patient*innen in meiner Situation, sich bereits mit der Diagnose der fortgeschrittenen Erkrankung über Angebote in der Region zu informieren. Wir alle haben gesetzlichen Anspruch darauf, die Krankenkassen übernehmen die Kosten. Wir müssen die Hilfe nur noch annehmen.

Autorin: Eva Schumacher-Wulf

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